Mit gutem Gefühl reiste Johanna Recktenwald zur Weltmeisterschaft in Östersund. Nach mehreren Podestplätzen beim Weltcup in Vuokatti und einer guten Vorbereitung war die 21-jährige Marpingerin hochmotiviert, sich erstmals seit 2019 wieder eine WM-Medaille zu sichern. Gerade in der Loipe hatte Johanna zuletzt erneut Fortschritte gemacht. Probleme bereitete ihr ab und an jedoch das Schießen.
Edelmetall zum Auftakt
Zum Auftakt der Biathlon-Wettkämpfe stand für Johanna und ihren Guide Lutz Klausmann der Sprint über 7,5km auf dem Programm. Angesichts der schwierigen Strecke begann Johanna das Rennen eher verhalten und kam als Fünfte zum ersten Schießen. Obwohl hier eine der fünf Scheiben stehen blieb, konnte Johanna sich auf Position vier nach vorne schieben. Mit knapp 21 Sekunden Rückstand auf die drittplatzierte Oksana Shyshkova ging Johanna auf die zweite Runde. Dort erhöhte sie nun das Tempo und konnte der Ukrainerin Sekunde um Sekunde abnehmen. Trotz des hohen Lauftempos machte Johanna es nun auch am Schießstand besser und traf alle fünf Scheiben. Shyshkova blieb zwar ebenfalls fehlerfrei, konnte jedoch läuferisch nicht mehr mit Johanna mithalten, sodass Johanna mit 18 Sekunden Vorsprung auf die Schlussrunde ging. Dort konnte sie diesen Vorsprung sogar noch auf über eine Minute ausbauen und sich damit Bronze sichern. Auch die beiden anderen Medaillen gingen ans Deutsche Team: Über Gold konnte sich Leonie Maria Walter (mit Guide Pirmin Strecker) freuen, Silber sicherte sich Linn Kazmaier (mit Guide Florian Baumann).
Überraschungs-Bronze im Langlauf-Sprint
Bereits am nächsten Tag stand der Langlauf-Sprint über 1,2km auf dem Programm. Hier hatte Johanna eigentlich eher Außenseiterchancen auf eine Medaille. Stattdessen war das Ziel in erster Linie überhaupt ins Finale einzuziehen. Um das zu schaffen musste sie in ihrem Halbfinale mindestens Zweite werden. Wie schon beim Biathlon-Sprint am Vortag begann Johanna jedoch auch im Sprint-Halbfinale erst einmal zurückhaltend und hielt sich auf Position drei. Am letzten Anstieg konnte sie jedoch das Tempo erhöhen und sich an der Ukrainerin Nataliia Tkachenko auf Platz zwei vorbeischieben. Damit qualifizierte sie sich für das Finale, in dem sie es mit ihren Teamkolleginnen Leonie Walter und Linn Kazmeier, sowie der Österreicherin Carina Edlinger zu tun bekam. In diesem hochkarätigen Feld hatte Johanna von Beginn an Probleme das hohe Tempo mitzugehen und lag zur Rennhälfte bereits mehrere Sekunden hinter der drittplatzierten Leonie Walter. In der vorletzten Abfahrt stürzte Walter jedoch, sodass Johanna an ihrer Teamkollegin vorbeiziehen und sich mit einem beherzten Zielsprint ihre zweite Bronze-Medaille dieser WM sichern konnte. Für Johanna eine ganz besondere Medaille, da es ihr erstes WM-Edelmetall im Langlauf ist.
Rückschlag in der Mitteldistanz – Silber im Einzel
Beflügelt von ihren beiden Bronzemedaillen wollte Johanna auch in ihrem dritten WM-Rennen auf dem Podest stehen. Beim Biathlon über die Mitteldistanz erwischte Johanna am Schießstand jedoch keinen guten Tag. Nach einem Fehler beim ersten und zwei Fehlern beim zweiten Schießen lag Johanna zur Rennhälfte bereits eine Minute von den Medaillenrängen entfernt. Auch wenn bei den letzten beiden Schießeinlagen nur noch ein weiterer Fehler hinzukam, konnte Johanna diesen Rückstand nicht mehr aufholen und musste sich mit Platz vier begnügen.
Auch das Einzelrennen startete für Johanna am Schießstand alles andere als gut: Bereits der erste ihrer 20 Schüsse verfehlte sein Ziel und warf sie erst einmal auf Rang fünf zurück. Doch während sich Johanna im Mitteldistanz-Rennen davon noch beunruhigen ließ, brachte sie dieses Mal ihre restlichen Schüsse schnell und sicher ins Ziel. Dadurch arbeitete sie sich nach und nach erst auf Platz drei und nach dem dritten Schießen sogar auf den zweiten Platz nach vorne. Mit knapp 50 Sekunden Vorsprung auf ihre Teamkollegin Leonie Walter, die auf Platz drei lag, kam Johanna zum vierten und letzten Schießen. Mit einer weiteren fehlerfreien Serie würde Johanna sich hier die Silber-Medaille sichern, ein Schießfehler würde hingegen Walter die Chance geben noch an ihr vorbeizuziehen. Johanna zeigte zu Beginn erstmals etwas Nerven und brauchte lange für den ersten Schuss. Nachdem dieser jedoch den Weg ins Ziel fand, brachte sie auch ihre übrigen vier Schüsse ins Schwarze und lief damit der ersten Silber-Medaille ihrer Karriere entgegen. Im Ziel lag sie knapp 46 Sekunden vor Leonie Walter, die beim letzten Schießen ebenfalls fehlerfrei blieb, jedoch nicht mehr an die Marpingerin heranlaufen konnte. Gold holte sich Linn Kazmeier, die mit vier fehlerfreien Schießeinlagen und der schnellsten Laufzeit des Tages ein perfektes Rennen machte. Damit gab es für Johanna und ihre Teamkolleginnen nach dem Biathlon-Sprint den zweiten deutschen Dreifach-Erfolg zu bejubeln.