Im finnischen Vuokatti begann für das Deutsche Paraski Team in der vergangenen Woche der Weltcup im Langlauf und im Biathlon. Mit dabei war auch unsere Athletin Johanna Recktenwald mit ihrem Guide Valentin Haag. Für die 21-jährige Marpingerin war es ein besonderer Weltcupstart, immerhin hatte sie an gleicher Stelle vor vier Jahren die erste Weltcup-Medaille ihrer Karriere gewonnen. Seitdem hatte Johanna mit WM-Bronze 2019 und mehreren Top5-Platzierungen bei den Paralympics in Peking einige große Erfolge erzielen können, eine weitere Weltcup-Medaille blieb ihr jedoch bislang verwehrt. Und auch in diesem Jahr standen die Vorzeichen nach einem Ermüdungsbruch im Schienbein und einer Erkältung nur wenige Wochen vor Saisonbeginn eigentlich eher schlecht.
Herzschlagfinale mit Happy End
Doch schon im Langlauf-Sprint deutete sich an, dass Johanna trotz allem in herausragender Form war: Nach einem guten Vorlauf war sie auch im Halbfinale bis kurz vor Schluss vorne mit dabei. Lediglich ein unglücklicher Sturz im Zielsprint verhinderte den Einzug ins Finale und damit die Chance auf eine Medaille. Umso größer war nun jedoch die Motivation, in den anstehenden Biathlon-Rennen endlich wieder den Sprung aufs Podest zu schaffen.
Und tatsächlich konnte Johanna im Biathlon-Einzel über 12,5km ihre gute Lauf-Form bestätigen und war von Beginn an im Kampf um die Medaillen dabei. Dort musste sie sich mit Oksana Shyshkova (Ukraine – mit Guide Volodymyr Ivanov) und Carina Edlinger (Österreich – mit Guide Tobias Eberhard) gegen zwei amtierende Paralympics-Siegerinnen durchsetzen. Nachdem Johanna zur Rennhälfte noch knapp hinter den beiden auf Rang fünf gelegen hatte, holte sie im Laufe des Rennens immer weiter auf die beiden Konkurrentinnen auf und arbeitete sich so vor dem letzten Schießen auf Platz 3 vor. Dort ließ sie jedoch eine Scheibe stehen, sodass Oksana Shyshkova noch einmal die Chance hatte, ihr den Podestplatz streitig zu machen. Auf der Schlussrunde kämpfte Johanna noch einmal um jede Sekunde und konnte sich am Ende so mit einem Vorsprung von sieben Sekunden gegen die Ukrainerin durchsetzen und sich Bronze sichern. Auch Gold und Silber gingen an das Deutsche Team: Linn Kazmeier (mit Guide Michael Huhn) sicherte sich mit vier fehlerlosen Schießeinlagen den Sieg vor der ebenfalls fehlerfreien Leonie Walter (mit Guide Pirmin Strecker).
Medaillenregen im hohen Norden
Euphorisiert von der Medaille im Einzel-Rennen wollte Johanna im Biathlon über die 10km die nächste Medaille folgen lassen. Und läuferisch konnte sie von Beginn an ihre Leistung aus dem Einzel nicht nur bestätigen, sondern sogar überbieten. Denn diesmal kämpfte Johanna nicht nur um eine Medaille, sondern duellierte sich mit ihrer Teamkollegin Leonie Walter um den Sieg. Beide blieben in den ersten beiden Schießeinlagen fehlerfrei und lagen zur Hälfte des Rennens gerade einmal fünf Sekunden auseinander. Die drittplatzierte Oksana Shyshkova konnte mit diesem hohen Tempo nicht mithalten und hatte zur Rennhälfte bereits über 2 Minuten Rückstand. Johanna und Leonie verfehlten beim dritten Schießen jeweils eine Scheibe und gingen nahezu zeitgleich auf die Runde. Beim letzten Schießen blieben beide fehlerfrei, Leonie schoss jedoch schneller, sodass sie mit über 15 Sekunden Vorsprung auf die Schlussrunde ging. Johanna probierte diesen Rückstand noch einmal aufzuholen, musste sich ihrer Teamkollegin am Ende jedoch knapp geschlagen geben und wurde sehr gute Zweite.
Auch im Biathlon-Sprint über 7,5km konnte Johanna trotz eines Schießfehlers beim ersten Schießen ihren Höhenflug fortsetzen. Mit knapp 10 Sekunden Vorsprung vor der Österreicherin Carina Edlinger landete Johanna auf dem dritten Platz und sicherte sich damit im dritten Biathlon-Rennen ihre dritte Medaille. Gold ging – wie schon im Einzel – an Linn Kazmeier (mit Guide Florian Baumann), Silber gewann Leonie Walter (mit Guide Pirmin Strecker).
Zum Abschluss der langen Wettkampfwoche ging Johanna im Teamsprint gemeinsam mit dem Kasachen Alexandr Gerlits an den Start. Auch hier konnte sie läuferisch an ihre Leistungen der vorherigen Tage anknüpfen und machte auch am Schießstand eine sehr gute Figur. Mit zusätzlichem Selbstbewusstsein durch die bisherigen Ergebnisse legte die 21-Jährige ein beeindruckendes Schießtempo an den Tag. Und während beim ersten Schießen noch eine Scheibe stehenblieb, konnte sie beim zweiten Schießen alle fünf Ziele in gerade einmal 20 Sekunden abräumen und so auf Position drei auf ihren kasachischen Staffelpartner übergeben. Dieser zeigte ebenfalls eine sehr gute Leistung und verteidigte somit den Podestplatz. Damit endete auch das vierte Biathlon-Rennen der Woche für Johanna mit einer Medaille.
Überraschung am Streckenrand
Auch abseits der Strecke gab es für Johanna Grund zur Freude. Denn mit der belgischen Biathletin Rieke De Maeyer hatte sich in Vuokatti eine ganz besondere Zuschauerin eingefunden. Die 30-Jährige hatte vor knapp 10 Jahren in unserem Verein mit dem Biathlonsport begonnen und lange Zeit mit Johanna trainiert. 2019 war sie im Rahmen ihres Masterstudiengangs nach Finland gezogen. Seitdem war sie nur noch selten im Saarland zu Gast. Umso schöner war es nun für die beiden Teamkolleginnen sich im hohen Norden wiederzusehen.